Árpád Schilling ist einer der innovativsten ungarischen Theatermacher, seine Gruppe Krétakör – zu Deutsch Kreidekreis – zugleich eine der bekanntesten der freien Szene des Landes. Schon vor Jahren hat der Regisseur, der auch am Wiener Burgtheater oder an internationalen
Opernhäusern inszeniert, neben der konventionellen Theaterarbeit das Kollektiv Krétakör zur experimentellen Plattform, zur aktivistischen Eingreiftruppe umfunktioniert. Nicht zuletzt, um unmittelbar auf die derzeitigen sozialen und politischen Spannungen in Ungarn reagieren zu können.
Ziel des Stücks „A Párt – Die Partei – The Party “ war es ursprünglich, das Verhältnis der in einer Kleinstadtumgebung lebenden ungarischen Mittelklasse zur Macht und zur nationalen Politik zu untersuchen. Seit der Premiere im Frühjahr 2014, wenige Tage vor den ungarischen Parlamentswahlen, ist viel passiert – in Ungarn und in Europa. Zum einen hat die Regierung Orbán dem ungarischen Schriftsteller und Literatur-Nobelpreisträger Imre Kertész, Überlebender des Holocaust, den Sankt-Stephans-Orden verliehen – den höchsten ungarischen Staatsorden. Zum anderen hat sich für Krétakör die Lage massiv verschärft, seit die Regierung das Kollektiv, eine der international renommiertesten ungarischen Produktionsplattformen für freies Theater, auf eine schwarze Liste regierungskritischer Organisationen gesetzt hat. Mehr denn je ist Krétakör auf ausländische Koproduzenten wie den steirischen herbst angewiesen.
Árpád Schilling kam zu dem Schluss, dass eine analytische Erörterung der aktuellen politischen Lage nicht mehr möglich sei, eine extrem persönliche Meinung viel wichtiger. So steht der Regisseur selbst im Zentrum seiner Neubearbeitung mit dem Titelzusatz „The Party is over – but we keep on going!“. Gemeinsam mit langjährigen Weggefährten von Krétakör bringt Árpád Schilling einen sehr persönlichen Kommentar auf die Bühne – ungefiltert, direkt und ehrlich. Erstmals seit Schillings legendärer Inszenierung von Tschechows „Die Möwe“ (2003), die von Moskau bis New York weltweit über 200 Mal gezeigt und mehrfach prämiert wurde, stehen die beiden Hauptdarstellerinnen Annamária Láng und Lilla Sárosdi wieder gemeinsam auf der Bühne.

„Wie kann man als denkender Mensch hier noch leben, mit der Angst, dass vielleicht ich selbst von einem Moment zum anderen den Verstand verliere und mich mit irgendeinem Orden verkaufe oder einer scheinbar edlen Geste? Die neue Fassung von „The Party“ ist ein Schrei, ein Hoffnungsschrei, dass wir vielleicht den europäischen Vorstoß dieser engstirnigen, zynischen und sehr gefährlichen Macht verhindern können. Mit wem und wie wir dies gestalten können, ist jetzt schwer zu sagen, da man von einer klar denkenden, verantwortlichen, moralischen Intelligenz in Ungarn kaum noch sprechen kann."
Árpád Schilling